Flughäfen im Wandel (3)
Nicht nur der Flugverkehr wandelt sich laufend, sondern auch die Flughäfen. Sie müssen laufend grosse Anpassungen vornehmen. Anpassungen, die grosse finanzielle Folgen mit sich bringen – und schlussendlich möglicherweise nicht optimal waren. Die Planung ist deshalb mehr als schwierig. Teil 3: Gepäck-Handling.
Auf dem EuroAirport war das Baggage-Handling bis Ende der 70er Jahre noch buchstäblich romantisch: Die eingecheckten Gepäckstücke ruckelten über ein Förderband vom Check-In zur Gepäckhalle. Der Gepäckabfertiger sichtete die mit Filzstift ausgefüllten Destinations-Etiketten und stellte sie auf das (richtige!) Gepäckwägeli, welches ebenfalls mit einem handgeschriebenen Zettel mit der Flugnummer beschrieben war. Vor der Bereitstellung wurden diese Wägelchen einzeln über die Waage gezogen und die Nettogewichte ins Load-Control übermittelt, anhand welcher die Ladeverteilung und (von Hand) das Loadsheet gemacht und der Besatzung vorgelegt werden konnte. Die Gepäckstücke reisten aber völlig neutral mit, versehen mit einer privaten Namensetikette für den Fall einer Fehlleitung. Und das kam öfters vor!
Mittlerweile gibt’s: Elektronische Erfassung und Abfertigung, geprintete Gepäck-Etiketten mit Umsteige- und Enddestination, Identifikationsnummer, Barcode, Security-Check von der Durchleuchtung bis hin zu den Spürhunden (siehe SkyNews Februar 2022), vollautomatischen, anhand der Etiketten-Barcodes gesteuerten Transport der Gepäckstücke zur (richtigen!) Abfertigungsstelle für den betreffenden Flug. Dort händischer Belad der immer noch präsenten Gepäck-Wägeli oder eben in die vorgesehenen Unterflurcontainer. Das Loadsheet ist einer elektronischen Variante gewichen, welche aufgrund aller Passagier- und Gepäckdaten die Lade- und Trimmberechnungen vollautomatisch erstellt und per Funk direkt ins Flugzeug übermittelt.
Aus Sicherheitsgründen muss heute jedes Gepäckstück elektronisch identifizierbar sein, und mehr noch: seine Lade-Location im Flugzeug muss genau bekannt sein. Falls nämlich ein eingecheckter Passagier nicht am Gate erscheinen sollte, so muss logischerweise aus Sicherheitsgründen auch sein Gepäck wieder ausgeladen werden. Also muss dem Handling Agent bekannt sein, in welchem Laderaum oder welchem Gepäckcontainer das Gepäckstück liegt – und natürlich auch, in welcher Position dieser Container (ULD – Unit Load Device) im Flugzeug eingereiht ist. In früheren Jahren wurde das Nicht-Erscheinen eines Passagiers am Gate noch schulterzuckend zur Kenntnis genommen und auf dem Loadsheet als LMC (Last Minute Change) notiert. The Times They Are A Changin’! Das Heraussuchen eines solchen Gepäckstückes verursacht trotzdem eine Verspätung.
Mit der IATA-Vorschrift für ein lückenloses Baggage Tracking ist 2018 nun nochmals eine neue Epoche angebrochen. Sie schreibt vor, dass der Weg jedes Gepäckstückes vom Moment der Entgegennahme durch den Abfertiger über verschiedene Zwischenkontrollen bis zum Einlad ins (richtige!) Flugzeug nachverfolgt werden kann, und Dasselbe an den Umsteige- und Enddestinationen. Deswegen ist eine Übergabe dieser Daten an alle involvierten Handling Agents Voraussetzung. So müssen die Gepäckstücke auf ihrem Weg Scanner-Portale passieren, die ihre gegenwärtige Position registrieren und nebenbei auch noch die richtigen Förderband-Weichen stellen, damit die Stücke zur richtigen Abfertigungsstelle gelangen. Dort muss, z.B. beim Gepäck-Abfertiger am Ende der Förderbänder, teilweise noch mit Hand-Scannern gearbeitet werden, was den Workflow negativ beeinträchtigt. Abhilfe werden wohl Mixed Virtual Reality-Brillen schaffen: Das System liest selbständig den Barcode auf der Etikette und lässt das richtige Gepäck-Wägeli oder den ULD auf dem Display aufleuchten. Allerdings müssen diese noch monströsen VR-Brillen schon noch etwas kleiner und leichter werden, wenn man sie schon den ganzen Tag tragen muss!
Vielleicht kennen Sie diesen Spruch: Morgenessen zuhause, Nachtessen in Thailand, Koffer in den USA. Nebst den gestiegenen Security-Bedürfnissen ist auch das Ziel, dass Sie Ihr Gepäck am Ende der Reise wieder in Empfang nehmen können!