Bericht SkyNews 02/23

Klimakiller Kurzstreckenflüge?

Mit seinem CO2-Anteil von 2 – 5% – je nach Berechnungsgrundlage – ist der Luftverkehr am globalen Ausstoss eher nebensächlich beteiligt, aber er wird in der Öffentlichkeit fast als alleinschuldiger Klimakiller bekannt und geächtet. Gleichzeitig ist vor allem der Kurzstrecken-Luftverkehr im Visier der Kritiker.

So planen verschiedene europäische Länder, Inland-Kurzstreckenflüge zu verbieten. Frankreich hat bereits verfügt, dass Flugverbindungen für Stecken, für welche der TGV bis zu zweieinhalb Stunden benötigt und die SNCF entsprechende Kapazitäten auch wirklich anbieten kann, nicht mehr erlaubt werden sollen. Auch in Holland und Belgien sind solche Bestrebungen ebenfalls weit fortgeschritten, und Österreich folgt einem ähnlichen Beispiel. Die deutsche Regierung hat dieselbe Massnahme im Visier, wobei es allerdings mehr als fraglich ist, ob der deutsche Bahnverkehr hier als valabler Ersatz taugen kann! Bemerkenswert ist, dass sich die EU-Länder einmal mehr nicht auf ein gemeinsames Vorgehen und vor allem einheitliche Kriterien einigen können.

Dass der Kurzstrecken-Luftverkehr einen besonders hohen CO2-Ausstoss verursachen soll, scheint auf den ersten Blick logisch, denn der überdurchschnittliche Treibstoff-Verbrauchsanteil für Taxi, Start, Steigflug und Landung wirkt sich negativ auf den Flug-Gesamtverbrauch aus und damit auch auf den CO2-Ausstoss. Je länger der Flug, desto länger müsste also der sparsamere Anteil des Reiseflugs sein. Soweit so logisch, denkt man.

Allerdings muss diese Meinung revidiert werden: Eine Studie in der Fachzeitschrift «Journal of Transport Geography» hat nun nachgewiesen, dass die Kurzstrecken einen viel kleineren ökologischen Fussabdruck verursachen als Langstreckenflüge. Die Forschenden haben über eine längere Zeitperiode alle Kurzstreckenflüge der EU, der Schweiz, Norwegens und Islands ausgewertet und kommen zum Schluss, dass z.B. 28% aller Flüge auf maximal 500 Kilometer langen Strecken durchgeführt wurden und dabei deren Treibstoffverbrauch nur 6% des total ausgelieferten Kerosins ausmachten. Den allergrössten Treibstoff- und CO2-Anteil verursachen hingegen Flüge ab 4’000 Kilometern: der Anteil dieser Flüge an der Gesamtanzahl beträgt 6,2%, deren Verbrauch hingegen liegt bei stolzen 47% des Gesamt-Treibstoffverbrauchs! Weitere, hier nicht genannte Streckenprofile beweisen diesen Trend. Bei Langstreckenflügen geht die Tendenz immer mehr in Richtung «Ultra Longrange-Flights», und so streiten sich namhafte Gesellschaften wie Etihad, Emirates, Singapore, Qatar und Qantas, um nur ein paar zu nennen, um die Ehre der längsten Flüge ohne Zwischenlandung. Wir reden hier bereits von Strecken wie z.B. Singapur-New York (18-19 Std, 16’700 Km), Dallas-Sydney (17 Std, 13’800 Km). Mal abgesehen vom Reisevergnügen, bis zu 20 Stunden bewegungslos in einem Flugzeug zu sitzen und dabei Kabinenluft mit lediglich 2-5% Luftfeuchtigkeit einzuatmen, trifft der Begriff «Klimakiller» also eher auf diese als auf die Kurzstreckenflüge zu!

Die Erklärung dafür ist auch ohne Nennung von Zahlen so alt wie einfach: Je mehr Treibstoff für einen Flug getankt werden muss, desto schwerer ist das Flugzeug und desto höher der daraus resultierende Treibstoffverbrauch. Im Verlaufe des Fluges vermindert sich das Treibstoffgewicht kontinuierlich und die Triebwerkleistung kann laufend reduziert werden, und so sinkt auch der Verbrauch, bis er gegen Ende eines solchen Fluges langsam «vernünftig» wird. Ein überdimensionaler Anteil des Treibstoffs wird also bis zu seinem effektiven Verbrauch zuerst mal energieaufwändig spazieren geflogen.

Wer die Kurzstreckenflüge für den CO2-Hauptausstoss verantwortlich macht, liegt also falsch. Dafür spricht auch, dass für Kurzstrecken kleinere und leichtere Flugzeuge zum Einsatz gelangen, welche ein optimaleres Gewichtsverhältnis Flugzeug/Passagier aufweisen und weniger Treibstoff herumfliegen. Vielfach kommen auch Propeller-betriebene Flugzeuge mit nochmals wesentlich geringerem Treibstoffverbrauch zum Einsatz.

Grundsätzlich ist gegen eine Reduktion von Kurz- und Kürzeststrecken nichts einzuwenden – Stichwörter Luftraum-Überlastung, Lärm, aber eben auch ökologische Gründe. Und zudem: von Basel nach Paris macht es wenig Sinn, ein Flugzeug zu benützen; auch dann nicht, wenn die Hauptreise von dort aus stattfindet. In drei Stunden ist man mit dem TGV im Herzen der Stadt. Von Basel nach München hingegen ist die Bahnfahrt schlicht nicht zumutbar. Auch wenn man es nicht wahrhaben will: Für das Reiseverhalten spielt der Markt auch hier eine Rolle: Ein Flugverbot würde nämlich im schlechten Fall einen Umsteigeeffekt auf das Privatauto bewirken, was die beabsichtigten Klimaschutzeffekte wieder zunichtemacht. Wenn die Reisenden also für kurze Strecken auf Flüge verzichten sollen, sind vor allem die Bahnbetreiber gefordert. Bestehen attraktive und verlässliche Verbindungen, so stellt sich diese Frage weniger. Die Argumentarien der Flugverkehrsgegner und -Gegnerinnen sollten also umgeschrieben werden. Und wer vom reichhaltigen Kurzstreckenprogramm ab dem EuroAirport Gebrauch machen möchte, darf sein schlechtes Gewissen durchaus etwas relativieren!

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