Abflüge in den Abendrandstunden – die Problematik

Am 1. Februar 2022 trat auf dem EuroAirport eine neue Nachtflugregelung in Kraft – wir berichteten darüber. Dabei trat ein Verbot der geplanten Starts zwischen 23.00 und 24.00 Uhr sowie eine Erhöhung der kumulativen Lärmmarge für Kapitel-3-Flugzeuge zwischen 22.00 und 6.00 Uhr von 10 auf 13 EPNdB* in Kraft. Kurz gesagt wurde das Nachtflugverbot von 24.00 bis 5.00 Uhr für Landungen und 24.00 bis 6.00 Uhr für geplante Starts um eine Stunde auf neu 23.00 Uhr vorverschoben. Das resultiert in einer Verringerung des Fluglärms in der Zeit von 23.00 und 24.00 Uhr um etwa 90 % (Südabflug)!


Sehr bald häuften sich jedoch die Lärmklagen der Bevölkerung, die nun resolut eine weitere Einschränkung fordern: Startverbot für alle Flugzeuge ab 22.00 Uhr. Tatsächlich sind auch nach der Einführung dieses Nachtflug-Regimes zahlreiche Abflüge nach 23.00 Uhr zu verzeichnen, und diese werden von den lärmsensitiven Teilen der Anlieger natürlich akribisch verfolgt. Aber wie entstehen diese Übertretungen? Dafür gibt es zwei wichtige Gründe:

1. Eine Abflugzeit besteht aus a) «Chocks off», also die Zeit, in welcher das Flugzeug bereit ist für den Pushback oder zum Rollen zum Startort, und b) wenn der eigentliche Start («Take-Off») wirklich erfolgt. Dasselbe bei der Landung, in umgekehrter Reihenfolge: «Touchdown» und «Chocks on». Lärmrelevant sind logischerweise «Take-Off» und «Touchdown». In Frankreich gilt jedoch für die Bemessung der Abflugzeit «Chocks off», und somit kann ein Flugzeug zwar vor 23.00 Uhr bereit für den Pushback sein, aber bis es schlussendlich abhebt, kann durchaus eine längere Zeitdauer vergehen, was dann eben zu einem scheinbar verspäteten Abflug führt.

2. Verspätungen, die ohne Dazutun der Fluggesellschaften entstehen, wie Wetter oder ATC, sind toleriert bis spätestens 24.00 Uhr. ATC war im vergangenen Jahr ein grösseres Problem, und viele Verspätungen gingen auf dieses Konto (uns sind keine genauen Zahlen bekannt).

Daneben gibt es auch subjektive Empfindungen für Lärmübertretungen: Die Abflüge, die sich vorher eine Zeitperiode zwischen 22.00 und 24.00 Uhr teilen mussten, finden heute alle in einem engeren Zeitfenster zwischen 22.00 und 23.00 Uhr statt. Die subjektive Wahrnehmung tendiert daher zur fälschlichen Annahme, dass jetzt mehr Verkehr in den Randstunden stattfindet.

Grundsätzlich wird das Problem durch die Tatsache verschärft, dass es sich bei den ab Basel eingesetzten Frachtflugzeugen durchwegs um ältere Maschinen handelt, die nicht der leisesten Lärmkategorien angehören.


Das Nachtflug-Lärmproblem hängt also mit dem Charakter des Flugverkehrs zusammen: Späte Abflüge und nicht die neuesten Flugzeugtypen, und es wird sich so schnell nicht lösen.

2 Antworten auf „Abflüge in den Abendrandstunden – die Problematik

  1. Lieber Robert
    Auch wir konnten mehr Anflüge morgens nach 05 00 und Anflüge Abende 22 – 23 feststellen. Leider auch etliche lärmige oder tieffliegende Passagierflüge. Es ist nicht zielführend wenn der Flughafen zwischen Abflug und Chock off und Chock on unterscheidet. Die Wahrnehmung sind die Ueberflüge zu Zeiten innerhalb der Sperrfrist.

    1. Lieber Ludwig,
      im Prinzip alle Involvierten geben dir recht. Meines Wissens wird diese etwas schräge Regelung einzig in Frankreich angewendet. In der Schweiz gilt Take-Off und Touch-down, was logisch ist. Allerdings – und das ist der Crux – kann der Flughafen diese Bestimmung nicht einfach ändern (er würde es sofort tun, wenn er könnte!), sondern nur die DGAC (Direction Générale de l’Aviation Civile, vergleichbar mit unserem Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL).
      Ich kann nur betonen, dass sich die Flughafendirektion dieser Problematik bewusst ist und daran arbeitet. Aber die Amtsmühlen arbeiten bekanntlich nicht immer so schnell wie wir dies uns wünschen…

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