Beitrag SkyNews 4/21

Robert Appel, SkyNews April 2021: Die Jusos auf der Suche nach Ideen

Vergangenen Herbst ist die Schweizer Politiklandschaft bekanntlich jünger, linker und weiblicher geworden. Die neue Politik wird grüner werden – warum auch nicht? Die neuen, vor allem unerfahrenen Politiker und Politikerinnen sind nun aber gefordert, schnell eine effiziente Umwelt-Politik zu machen, wie sie das ihrer Wählerschaft versprochen hatten. Keine einfache Aufgabe, denn sie werden dabei schnell feststellen, dass die meisten ihrer Einfälle gar nicht so neu sind.

Der Wettbewerb um die besten und originellsten Ideen hat also begonnen. Dass dabei die Luftfahrt stark unter Beschuss kommen wird, war zu erwarten, denn sie war ja schon bisher das Lieblingsthema der Umwelt-Aktivisten, auch wenn diese Branche im CO2-Gesamtportfolio eine untergeordnete Rolle spielt.

Und nun zu dieser Story: Es gibt im oberen Laufental ein Projekt für zwei Windkraftwerk-Rotoren. Natürlich wurden diese Pläne sehr schnell Gegenstand heftigen Widerstands aus allen Bevölkerungsschichten, aber nun taucht ein zusätzliches Problem auf: weil diese Anlage im erweiterten Anflug-Korridor des EAP zu stehen käme, hat die französische Flugsicherung nun eine Höhenbeschränkung der Rotoren verfügt. Das wiederum stösst nun den Baselbieter Jungsozialisten sauer auf: Wie kann gegen ein per se umweltfreundliches Kraftwerkprojekt überhaupt eine Beschränkung durchgesetzt werden, und erst noch von der so umweltschädlichen Fliegerei?? How dare you? Das kann so nicht akzeptiert werden! Die Jusos reagierten umgehend mit einer besseren Idee: Der Flughafen soll stattdessen stillgelegt werden! Nun ja, mit dieser Forderung hatte ich eigentlich schon länger gerechnet.

Nehmen wir mal an, die Idee griffe durch, es käme zu einer Einigung in den Parlamenten und endete in einer Volksabstimmung im Sinne der Initianten – könnten die Basler Regierungen dann den Flughafen schliessen, rückbauen und vielleicht Freizeitgärten, Kitas und Begegnungszonen für die Bevölkerung machen? Richtig: nein, das könnten sie nicht.

Der Flughafen steht bekanntlich in Frankreich und ist ein binationales Konstrukt, d.h. er wird von beiden Ländern gemeinsam betrieben. Der Bund könnte einzig den geltenden Staatsvertrag aufkündigen. Einmal geschehen, würden die gesamten Infrastrukturen, die die Eidgenossenschaft im Rahmen des Vertrags finanziert hatte, ersatzlos an Frankreich übergehen ­– der Flughafen Mulhouse wäre dann ein rein französischer Aéroport. Die Schweizer Firmen und ihre Angestellten müssten ihren (Steuer-) Sitz nach Frankreich verlegen – oder gleich das Feld räumen. Über die direkten Folgen für die Volkswirtschaft diskutieren die Initianten vermutlich kaum – in ihren hehren Bemühungen haben solche kleinlichen Überlegungen keinen Platz.

Wäre für die Flughafen-Befürworter nun ein unbändiges und schrankenloses Wachstum je das Ziel gewesen, hätten sie dann berechtigte Gründe zum Jubeln. Denn für den Flughafen begänne eine goldene Zukunft, und er könnte sich ungehindert nach französischen Vorstellungen entwickeln, nicht mehr gebremst durch Schweizer Schutzverbände oder grüne Parteien. Denn der Einfluss der Schweiz und vor allem der Grenzregion würde auf Null reduziert – keine Schweizer Politikerin hätte auch nur noch den Hauch einer Chance für eine Mitbestimmung!

Es gäbe übrigens viel wirksamere und wissenschaftlich fundierte Projekte, wie der CO2-Aussstoss (weltweit!) reduziert werden könnte. Denn selbst wenn sämtlicher Zivilflugverkehr global eliminiert würde, käme gerade mal eine Reduktion von 2-5% CO2 zusammen, je nach Berechnungsgrundlage. Die geforderte Stilllegung des Flughafens BSL/MLH hingegen, so dies überhaupt möglich wäre, hätte gar keinen messbaren Effekt.

Vielleicht gehen die rührigen Initianten der JUSO also doch nochmals über ihre Bücher und informieren sich erst mal über die Sachlage. Eine junge, originelle Idee allein tut’s noch nicht. Es sollten fundierte Überlegungen dahinterstehen – das wäre dann Politik, die diesen Namen auch verdiente.

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