20 Jahre Connie – behind the scenes
Als wir Superconnie-Freunde am vergangenen 8. Mai das Eintreffen dieses Flugzeugs auf dem EuroAirport vor genau 20 Jahren feierten, wurde meine Erinnerung wach, wie sich dieses Ereignis abgespielt hatte: „Spannend“ nämlich, weil wir damit ziemliches Neuland betraten. Die Geschichte der legendären L1049F Super Constellation HB-RSC ist nämlich einzigartig und wurde möglich dank der Spinnereien von ein paar unbelehrbaren Idealisten, die an das Unmögliche glaubten.
Als ich erstmals von den Plänen einer Gruppe hörte, eine Super Constellation zu betreiben, war ich sehr skeptisch, ob sich dieses Projekt realisieren liesse. Eine Connie – ausgerechnet eine Connie, eines der kompliziertesten und Defekt-anfälligsten Flugzeuge jener Zeit! Und trotzdem war ich ab dem Spätherbst 2003 voll dabei – so ein Projekt darf man sich ja nicht entgehen lassen. Sogleich wurde ich mit der Organisation des Eröffnungsanlasses auf dem EuroAirport, vor den Hangars der Swiss in der Nähe der Pistenschwelle 25, betraut, da ich von meiner früheren Tätigkeit als Stationsleiter noch verschiedene Verantwortliche der Flughafendirektion kannte, und vor allem auch den Umgang mit den Französischen Würdenträgern.
Der EuroAirport und die Swissport zeigten sich übrigens während der gesamten Operationsphase dieses Flugzeugs in Basel jederzeit ausserordentlich entgegenkommend und konnten auch aktive Hilfe anbieten. Unser Konzept vom Empfangsfest der Maschine, die auf ihrem Überflug aus den USA am 8. Mai 2004 in Basel landen sollte, sollte nicht weniger als ein kleines Volksfest werden, mit einem kleinen statischen Line-Up von ebenfalls alten Flugzeugen, wie Ju52, DC3, DHC Beaver, Boeing Stearman, Bücker Jungmeister etc., also die üblichen Verdächtigen. Wir planten im Hangar Musikbands, Verpflegungsstände inkl. Grill, Verkaufsstände, und ein Absperrhag sollte den Besucherteil vom Vorplatz, wo die Flugzeuge standen, abtrennen. Dieser Plan wurde vom EAP grundsätzlich zustimmend zur Kenntnis genommen, und es schien klar, dass eine Informationssitzung mit allen Verantwortlichen eigentlich nur Routine sein würde.
In entsprechend aufgeräumter Stimmung betrat ich den mir noch bestens bekannten ehrwürdigen Sitzungssaal im 6. Stock, wo bereits etwa 25 Verantwortliche und würdige Französische Spitzenbeamte sassen, teilweise uniformiert, silberbelitzt und geschmückt wie Operettengeneräle. Und: alle machten sehr, sehr besorgte Gesichter. Oops! Ich machte eine ausführliche Präsentation (natürlich auf Französisch!) und eröffnete die Fragerunde.
Normalerweise führt man Sitzungen durch, um Lösungen zu finden. Aber hier war das Gegenteil der Fall: Alle suchten der Reihe nach angestrengt nach Verhinderungsgründen. Ich notierte eifrig und mit sinkender Begeisterung. Als die Runde beendet war, fielen einigen noch Zusatzfragen ein, und die Runde startete gleich nochmals. Der skurrilste angestrebte Verhinderungsgrund war, dass der 8. Mai ein Feiertag zu Ehren der Kriegsgefallenen vom 1. Weltkrieg sei. Da der Approach der Connie über einen Friedhof mit einem Denkmal für diese Unglücklichen führte und deren Totenruhe dadurch gestört würde, sei unser Ansinnen dringend abzulehnen… (Eine andere Piste, die zwangsläufig über stärker besiedeltes Gebiet geführt hätte, wurde nicht bewilligt.) Der gnädige Schleier des Vergessens hat die schlimmsten Diskussionen mittlerweile glücklicherweise gelöscht. Ich verliess den Ort mit einer langen Liste von Einschränkungen und neuen Anforderungen, die mich und alle anderen Beteiligten noch länger beschäftigen sollten.
Obwohl sich dieser Hangar weitab vom Luftverkehrs-Geschehen befand und niemand der Besucherschaften je das Gelände vor dem Hangar übertreten könnte, bestanden die Behörden auf die Installation eines Sicherheitsportals, das wir uns ausleihen konnten und welches in der Mitte des Hangars aufgestellt würde. Und ein Grill (auch kein elektrischer) kam sowieso nicht in Frage, denn der leere Hangar könnte scheinbar ja in einem Feuerball aufgehen. Unser Programm wurde also zusehends dünner, und selbst für die abgespeckte Version kamen die endgültigen Zusagen alle äusserst knapp. Da wir keinen «Plan B» hatten, waren gute Nerven und eine gehörige Portion Optimismus kein Nachteil – wie übrigens beim ganzen Projekt «Super Constellation»!
Der grosse Tag kam und ein glückliches Lächeln war angesagt, und die Besucher trafen in Massen ein! Offenbar hatten wir da einen ganz interessanten Anlass aufgelegt – wir wunderten uns ein wenig, denn wir hatten kein grosses Kommunikations-Budget und rechneten deshalb mit viel weniger Leuten. Aber die Sicherheitskontrollen gingen einfach nicht voran, und die Warteschlange vor der Sicherheitsschleuse wurde immer länger, dabei war die Connie bereits im Anflug. Irgendwann sah der Verantwortliche diese Sinnlosigkeit ein und liess die Besucher passieren. So kamen die meisten schlussendlich doch noch auf ihre Kosten. Und wir alle, die wir mal gedacht hatten, so ein Anlass sei Nasenwasser, atmeten erleichtert auf. Es gäbe noch viel zu berichten, aber der Anlass wurde zum vollen Erfolg, und alle strahlten mit der Sonne um die Wette.
Ein kleines Nachspiel sei doch noch erwähnt: Etwa einen Monat nach diesem denkwürdigen Tag veranstalteten wir für alle direkt beteiligten Behörden einen kleinen Apéro vor dem Flugzeug – mit vorschiftsgemäss verzollten Getränken, versteht sich. Und da kam der Französische Polizeichef zu mir und sagte, er habe nun verstanden, dass dieses Fest nur wenig mit dem normalen Luftverkehr gemeinsam habe und die Interessierten wohl keine Bomben herumtragende Attentäter seien. Zukünftige solche Anlässe könnten deshalb sicher etwas einfacher gestaltet werden. Ich atmete auf und sah in meiner Naivität eine rosige Event-Zukunft vor Augen. Aber, kurz darauf fiel der arme Mann beim Kirschen Pflücken von der Leiter und brach sich das Genick. Und nahm diese Erkenntnis mit ins Grab.
10 Jahre später – mittlerweile waren die meisten damals involvierten und erfahrenen Behördenmitglieder rotationsgemäss auf andere Flughäfen versetzt – organisierten wir wieder einen kleinen Event, in etwa demselben Rahmen. Same place – same story: auch diese Organisation wäre einen langen Artikel wert!
Robert Appel